Auf diesem Blog werde ich mein Buch „Netzfeminismus. Strategien weiblicher Bildpolitik“ mit zusätzlichem Material begleiten. In dem Kapitel „#imperfect: Darstellungsweisen von ‚Diversity‘“ beschäftige ich mich unter anderem mit der Body-Positivity-Bewegung, die mittlerweile seit mehreren Jahren für Körperakzeptanz eintritt – und das nicht nur, aber insbesondere auch auf Instagram bewirbt, einer Plattform, die sonst sehr stark mit perfekt proportionierten Influencer*innen auf Fitness-Profilen assoziiert ist. Nicht nur Aktivist*innen, sondern auch Unternehmen arbeiten mit eigens entworfenen Hashtags, die zur Partizipation am Zeigen von Körpervielfalt einladen.

2016 und 2017 überschlugen sich die Hashtags regelrecht und die Body-Positivity-Bewegung erzielte auch außerhalb von Instagram und den Sozialen Medien zahlreiche Erfolge, die bis heute anhalten. Es wurden neue Barbie-Modelle eingeführt: darunter namentlich „curvy“, „petit“ und „tall“ – in der Hoffnung, dass sich Kinder fortan nicht mehr nur noch mit einer standardisierten Körperform identifizieren.

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©Mattel

Im Februar 2016 veröffentlichte „Sports Illustrated“ das erste Magazincover mit einem Over-Size-Model: Ashley Graham. Auf ihrem Instagram-Account hält sie die Freude nicht zurück: „Truly speechless!!! This cover is for every woman who felt like she wasn’t beautiful enough because of her size.“

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Im Sommer 2016 machte das Dessous-Label „Lonely Lingerie“ auf sich aufmerksam, als es Lena Dunham und Jemima Kirke in Spitzenunterwäsche präsentierte. Dafür gab es Lob: Endlich werde der Welt gezeigt, „wie Frauen tatsächlich in Unterwäsche aussehen.“

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©Lonely Lingerie

Und sogar H&M haben ihre Herbstkollektion 2016 in einem Video mit körperlicher Vielfalt beworben, mit unrasierten, fülligen oder muskelbepackten Frauen.

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Im Oktober 2016 kam Body Positive schließlich ins deutsche Fernsehen. „Curvy Supermodel“ ist der Name einer Casting-Show, die Models außerhalb der sonst üblichen Idealmaße sucht. (Auch beim Vorbild „Germany’s next Topmodel“ gibt es seit einigen Jahren Frauen und Transgender, die die Vielfalt von Körperidealen repräsentieren sollen.)

Body-Positivity ist offenbar im Mainstream angekommen, nachdem es noch wenige Jahre zuvor eine feministische Subszene innerhalb der Sozialen Medien war, von der sich weder Werbung noch Massenmedien übermäßig inspirieren ließen. Als Grund dafür wurde immer genannt, dass sich Body-Positivity nicht gut verkaufen ließe. Man denke nur an den Versuch der Frauenzeitschrift „Brigitte“ von 2010, Leserinnen statt Models für ihr Editorial posieren zu lassen, und daran, wie das Konzept nach drei Jahren wieder eingestellt werden musste. „Die Idee ist ja gut, aber manchmal will man einfach nur die Mode sehen“, soll in einem der zahlreichen Leserbriefe gestanden haben, die sich kritisch zu den Models von Nebenan äußerten.

Das hat sich durch die Sozialen Medien geändert und die Bewegung wird von vielen Unternehmen gewiss auch zur Aufrechterhaltung oder Verbesserung ihres Images verwendet. 2017 hatte ich ein kleines und selektives Hashtag-Lexikon der Body-Positivity-Bewegung erstellt, um die verschiedenen Themen und Ansätze, aber auch die Kritik daran zusammenzubringen, das ich für diesen Blog nun ein wenig gekürzt und aktualisiert habe. Natürlich erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

#effyourbeautystandards (Schönheitsideale)

Die Kritik der Body-Positivity-Bewegung zielt im Kern auf die zu eng gefassten Schönheitsideale, die durch verschiedene Medien kreiert und von ihnen beworben werden. Das führe einerseits dazu, dass sich die meisten Menschen nicht durch die öffentlichen Medien repräsentiert sehen. Andererseits folge daraus eine gefährliche Klassifizierung und damit unweigerlich Diskriminierung: Körper in unter-, normal- und übergewichtig einzuteilen, hat Stigmatisierung und Pathologisierung zur Folge – lautet eine gängige Prognose.

 gruppe

Deshalb wird vor allem in Gruppenbildern demonstriert: Jeder Körper ist „normal“.
Ersteres ist ein Anspruch an die Medien, der selten erklärt, aber immer vorausgesetzt wird: Er basiert auf der Feststellung, dass die Medien unser Bild von der Realität derart prägen, dass letztlich nur das existent bleibt, was auch in ihnen vorkommt. Das gilt nicht nur für traditionelle Medien, sondern auch für Instagram: pic it or didn't happen. Wer also nicht durch öffentliche Medien repräsentiert wird, fühlt sich ausgestoßen. Dass es sich dabei auch tatsächlich um eine Ausgrenzung handelt, beweist sich für die „Betroffenen“ in der Reaktion von Mitmenschen, in Diskriminierung und Body-Shaming.
Deshalb kämpft die Body-Positivity-Bewegung für die Diversifizierung medialer Persönlichkeiten und Vorbilder. Das Model Tess Holiday hat etwa den Hashtag #effyourbeautystandards etabliert, unter dem vor allem Instagrammerinnen aktiv sind, die dem gängigen Ideal – wie sie selbst – nicht entsprechen und mit der Veröffentlichung ihrer Bilder ausdrücken, dass diese ihnen auch nicht länger etwas bedeuten: „Eff“ steht für fuck.

#celestechallengeaccepted

Wie weltfremd sich Schönheitsideale in den Massenmedien und Celebrity-Bildern darstellen, macht die australische Comedian Celeste Barber zum Thema ihrer Instagram-Bilder. Seit Mai 2015 veröffentlich sie regelmäßig Nachstellungen von spontan oder absurd anmutenden Promi-Shootings. Dabei parodiert sie oft gleichzeitig den Lifestyle ihrer Vorgängerinnen.

celest 

#bodylove (Aktionismus/Vernetzung)

Das Internet und die sozialen Medien haben die Body-Positivity-Bewegung enorm begünstigt. Gab es bereits in den 1980er Jahren einen „Boom“ an Zeitschriften, die für die Akzeptanz jeder Körperform kämpften, blieben diese doch weitestgehend in kleinem und subkulturellen Kreis. Beispiele für derartige Zeitschriften sind „Radiance. The Magazine for large Women“, „FAT!SO? : Because You Don’t Have to Apologize for Your Size“ – mittlerweile von Marilyn Wann zu einem Buch zusammengefasst –, oder „I’m so fucking beautiful“ – das 2013 in die Anthologie „Riot Grrrl Collection“ aufgenommen wurde.
Diese frühen Magazine wurden weitestgehend in Amerika etabliert. Seit den 1980er Jahren steigt die Zahl adipöser Menschen in den USA an. Wenn auch der 1996 gefasste Entschluss der WHO, Übergewicht bereits mit einem BMI ab 25 festzulegen, zu einem erhöhten Anstieg der als überwichtig Klassifizierten geführt haben dürfte, ist diese Tendenz nicht zu leugnen. Damit liegt das Körperbild der Medien und das tatsächliche weiter auseinander als etwa in Deutschland.
Blieben derartige Engagements weitestgehend unbekannt, haben die Sozialen Medien sowohl die Möglichkeiten der Vernetzung erleichtert als auch die Verbreitung aktivistischer Engagements vorangetrieben. Mithilfe von Hashtags werden Werte – wie Vielfalt und Toleranz – sowie die Ziele der Bewegung – wie Akzeptanz aller Körperformen, Annäherung der Medienlandschaft an „reale“ Frauen statt an Ideale – transportiert.
Initiiert werden Hashtags wie #bodylove oder #mybodyisabikinibody gezielt von Influencer*innen auf Instagram. Insgesamt kann man feststellen, dass die Body Positive Bewegung eine sehr visuelle Bewegung ist. Die Akzeptanz des Körpers, welche als Form des gesellschaftlichen Wiederstands zu verstehen ist, ist nämlich dann am glaubhaftesten, wenn der Körper in Bildern präsentiert wird. So ist es kein Zufall, dass die Akzeptanz-Bewegungen oft in einer Darstellung „problematisierter“ Körperbilder und -Vorstellungen mündet. Etwa Bilder, die den Fokus gezielt auf Speckfalten, Achselhaare oder Cellulite legen.

 radiance

#iamallwoman (Empowerment)

Empowerment ist der zentrale Begriff der Body-Positivity-Bewegung. Ursprünglich stammt er aus einem Bereich der amerikanischen Psychologie, der sich mit den Auswirkungen gesellschaftlicher Ungleichheit auseinandersetzt. Julian Rappaport hat in den 1980er Jahren Empowerment als Strategie in der Sozialarbeit etabliert. Damit sollten Personen unterstützt werden, die sich macht- und einflusslos fühlen. Im Kontext feministischer Statements wird der Begriff für Produkte der Popkultur verwendet, die Selbstverantwortung oder selbstbestimmtes Leben thematisieren und dadurch auch andere dazu inspirieren.
2011 wurde Christina Aguilera’s Lied „Beautiful“ von 2003 zum „Most Empowering Pop Song“ gekürt. Im Video sieht man Christina Aguilera mit Piercing unter dem Kinn und in der Nase, sie kauert verzweifelt in der Ecke eines großen dunklen und nahezu leeren Raumes, dessen Fenster mit Zeitungspapier verhängt sind. Sie singt „You are beautiful, no matter what they say.“ Zwischendurch werden verschiedene Szenen eingeblendet: Darunter ein Transvestit, der sich gerade zurecht macht. Ein machtsüchtiges Mädchen in Unterwäsche, das sich skeptisch im Spiegel betrachtet. Ein homosexuelles Pärchen im lärmenden Stadtverkehr – kritischen Blicken ausgesetzt. Im Verlauf des Musikvideos emanzipieren sich die Protagonisten von ihrem jeweiligen Leid. Sie zerschlagen Spiegel, verbrennen Zeitschriften, lachen. Es wird ein mentaler Sieg über die gesellschaftlichen Konventionen inszeniert. Doch der ist nur von kurzer Dauer, Aguilera kauert sich schließlich wieder in die Zimmerecke, unglaubwürdige Blicke breiten sich in den Gesichtern der anderen Protagonisten aus.

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Während der Song eine Anti-Hymne gegen Mobbing, Homophobie und Frauenhass darstellt und das Empowerment seine Kraft aus der Inszenierung einer Gegenkultur bezieht, zielt gegenwärtiges Empowerment auf Inklusion. Die „Anhängerinnen“ der Body Positive Bewegung wollen gerade nicht eine Subkultur bleiben und als solche anerkannt werden, sondern zum Bestandteil des Mainstreams werden. Das führt aber meistens zu einer bloßen Nachahmung der Codes und Konventionen der Mode- und Medienwelt. Zu den selben Spiegel-Selfies und Schmollmündern wie sie ihre Vorbilder aus der Size-Zero-Welt zelebrieren, was auch hin und wieder in Kritik gerät.

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Von links nach rechts: Denise Bidot, Barbie Ferreira und Tess Munster

Gerade in der Zusammenarbeit mit professionellen Werbefirmen und Fotografen zeigt sich aber großes Potential, eine eigene Ästhetik zu etablieren, die sich gänzlich von der bestehenden löst, oft jedoch noch an der Jugendkultur orientiert ist. Wichtige Einflussgeber*innen in diesem Feld sind die Frauen um Tavi Gevinson oder Petra Collins, die mit dem Magazin „Rookie“ und ihren Fotografien sehr nachhaltige Bilder geschaffen haben, an denen sich große Empowerment-Kampagnen heute orientieren.

Eine dieser Kampagnen ist „iamallwoman“, die mit einem gleichnamigen Kurzfilm Inspiration dazu gibt, wie ein alternativer Fokus auf den weiblichen Körper gelegt werden kann.

alwoman 

#ladylike #choosebeautiful #ichsagja #mybeautymysay (Werbung)

Im Jahr 2016 haben sich Werbekampagnen gehäuft, die von der Body-Positivity-Bewegung inspiriert wurden. Esprit hat die #ImPerfect-Kampagne des Vorjahres fortgesetzt. Erstmal befand sich darunter auch ein Oversize-Model. Im Juli 2016 hat Tschibo die Bademoden mit Frauen beworben, die keine Model-Maße besitzen. Und auch die Herbstkollektion von H&M hat durch einen Werbefilm Aufsehen erregt, der die Vielfältigkeit der Charakter- und Körpertypen unter dem Hashtag #ladylike propagiert.Als Vorläufer derartiger Werbekampagnen darf zum einen Dove gelten („Keine Models, aber straffe Kurven.“ von 2005), die übrigens auch in ihrem Werbefilm von 2016 – #mybeautymysay – Frauen zu Wort kommen lassen, die sich mit an ihnen herangetragenen Vorwürfen und Vorurteilen auseinandersetzten.

Auch das Modelabel United Colors of Benetton machten bereits in den späten 1990er Jahren mit einer Plakatreihe von sich reden, die Menschen unterschiedlichster Herkunft zeigt. Sie liegen sich in den Armen. Die Werbung sorgte für großes Aufsehen – allerdings weniger aufgrund ihres Statements für Toleranz als aufgrund der Ausbleibenden Provokation, die Kampagnen von United Colors of Benetton bis dahin immer ausgelöst hatten: indem sie beispielsweise Aids- oder Kriegsdarstellungen auf Plakate drucken ließen. Auch hier wird bereits beim Thema Akzeptanz inklusiv gedacht und nicht mehr provokativ.

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Immer wieder wird Kritik an dem sogenannten „Femvertising“ laut, das die Frauen lediglich als wichtige Zielgruppe erkannt habe. „Marken wie H&M oder Dove legen es nicht wirklich darauf an, Weltbilder und Strukturen zu verändern“, formuliert etwa Julia Korbik ihre Kritik an dem „verwässerten“ Feminismus der Werbung. (10)

#ThisBody (Brands)

Die Body-Positivity-Bewegung hat viele neue Labels hervorgebracht, die nicht nur Mode in allen Größen zugänglich machen wollen, sondern sich auch gegen den Zynismus der Modeindustrie richten. Dieser äußert sich darin, dass bestimmte Modestücke entweder nur in „kleinen“ Größen zur Verfügung gestellt wird, oder für diese konzipiert sind – und deshalb von abweichenden Körpermaßen kaum getragen werden können. 2016 stach besonders „Lane Bryant“ heraus, die eine Video-Kampagne unter dem Hashtag #ThisBody gestartet hat. In der Herbstkampagne konfrontiert Lane Bryant Videoaufnahmen ihrer Plus-Size-Models mit zum Teil diskriminierenden Social-Media-Kommentaren. Andere Beispiele sind „Gabi Fresh“, „Curvy Kate“, „AYA“, „Neon Moon“ und viele mehr. Bei den meisten handelt es sich um Lingerie-Labels.

#bodyshaming (Opferstatus/Body-Shaming/Diskriminierung)

So bildlastig und visuell die Body-Positivity-Bewegung einerseits ist, so selten setzen sich ihre Anhänger*innen theoretisch oder historisch mit Medien, Stereotypen und Schönheitsidealen auseinander. Haltung und Ziele werden nicht selbstkritisch infrage gestellt, sondern beziehen ihre Evidenz häufig aus dem Opfer-Status der „Betroffenen“, ihren Emotionen und Erlebnissen. So enthalten viele Bücher, Artikel oder Statements im Wesentlichen Erfahrungsberichte. Darin wird die persönliche Geschichte ihrer Diskriminierung oder Unsicherheit erzählt. So begleitet etwa das Model Charli Howard, Gesicht der „iamallwoman“-Kampagne, ein Bild auf Instagram mit folgender Erzählung: „I may be smiling in the photo on the left, but in reality, I was miserable. I hated life, but at the same time, I was ambitious. I associated success with thinness, just like the size 0-era influenced many girls my age. I didn’t care that my gums constantly bled, that I got constant cramps in my feet, that my hands were always cold, my periods irregular (if they came), that my skin was horrific or that my moods were erratic, because all I wanted to be was THIN.“ 

Dadurch setzen sich die betroffenen Frauen einerseits dem Status des Opfers aus, verwenden ihn jedoch andererseits dazu, eine Aufstiegsgeschichte, eine Emanzipationsgeschichte effektvoll zu erzählen.

#celebratingdiversity

Einer der beliebtesten Begriffe zum Bewerben von Body-Positivity-Inhalten ist „Celebrating“. Feiern statt trauern kann als Versuch gedeutet werden, von Strategien der Problematisierung abzusehen und sich von der Position des Opfers zu distanzieren.

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#fatshion (Fat Acceptance)

Als historischer Vorläufer der Body-Positivity-Bewegung gilt das Fat Acceptance Movement. Zwar zielt Body Positivity auf jede Abweichung von etablierten Schönheitsidealen, doch erfahren „dicke“ Menschen oft stärkere Diskriminierungen und sind eher von Body Shaming betroffen als etwa sehr schlanke, große oder kleine Menschen.
Der „Fat Feminism“ entstand in den späten 1960er Jahren und im Zuge der zweiten Welle des Feminismus. 1973 veröffentlichten zwei Anführerinnen der Bewegung das „Fat Liberation Manifest“, in dem die wesentlichen Kritikpunkte verfasst wurden, die auch noch heute für die Body Positive Bewegung gültig sind.

#mermaidlegs

Magersucht und andere Essstörungen dienen der Body Positive Bewegung als faktische Grundlage für die negative Wirkung von Schönheitsidealen. Der Hashtag „#mermaidlegs“ wurde als Gegenbewegung zu „#thighgaps“ initiiert – worunter vor allem magere Mädchen ihre Oberschenkel posten, um zu zeigen, dass sich zwischen ihnen eine Lücke befindet. Mit #mermaidlegs sollte auf den Magerwahn des als gefährlich geltenden Oberschenkel-Vergleichs hingewiesen werden, indem man mit dem Motiv der Meerjungfrauen-Beine ein ästhetisches Pendant setzt.

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„Thigh Gaps“ (obere Reihe) versus „Mermaid Legs“ (untere Reihe) 

#healthnotsize (Gesundheit)

In vielerlei Hinsicht spielt Gesundheit eine zentrale Rolle innerhalb der Body Positive Bewegung. Einerseits kämpfen Sympathisanten gegen ungesunde Ideale, die etwa Schlankheitswahn, Magersucht und andere Essstörungen zur Folge haben. Andererseits und insofern es sich um Oversize-Träger*innen handelt, fühlen sie sich selbst dem Vorwurf ausgesetzt, ungesünder als andere zu leben. Es ist daher ein großes Anliegen der Bewegung, sich gegen den Vorwurf zu wehren, dass „Dicke“ ungesund leben würden und unsportlich sind. Auch weil tatsächliche Auswirkungen – etwa auf die Höhe der Krankenkassenbeiträge – existieren.
Aus diesem Grund hat Mirna Valerio den Blog „Fat Girl Running“ gegründet, auf dem sie täglich von ihrem Workout berichtet und es fotografisch dokumentiert. „Die Leute sagen immer zu mir ,Jeder, der so viel läuft wie du, verdient es dünn zu sein.‘ Aber was sie wirklich damit meinen: ,Wenn du so viel rennst, warum bist du immer noch so fett?’“ erzählt Valerio in einem Interview. (12) Darin drückt sich eine weitere Vorstellung aus, gegen die Body Positivity antritt: Dass alle ihren Körper stets verändern und optimieren können. 

#justmegeorgeous (Echtheit/Natürlichkeit)

Die Vorstellung, dass jeder für seinen Körper selbst verantwortlich ist und ihn eigenmächtig formen kann, hat sich im Zuge des Körper- und Fitnesskultes durchgesetzt. Daher fühlen sich „dicke“ Menschen oft mit Schuldzuweisungen konfrontiert: Sind sie es doch selbst, die zu wenig Sport machen oder zu viel essen. Deshalb möchte die Body Positive Bewegung zu der Idee zurückkehren, dass es auch körperliche Anlagen gibt, die für eine bestimmte Figur verantwortlich sind. Zugleich wird das Mantra „Jeder Körper ist schön“ als Natürlichkeit-Paradigma ausgelegt. So zeichnen sich viele Body Positive Kampagnen dadurch aus, dass sie weitestgehend auf Retusche verzichten.

#REVEALYOURSELFIE

#Revealyourselfie ist eine Hashtag-Aktion, die von dem Produktionsteam des „Straight-Curve-Films“ – eine Dokumentation über die Body Positive Revolution in der Modewelt, die im Frühjahr 2017 erscheinen wird – initiiert wurde.
Der Film gibt sich hoffnungsvoll bezüglich der Zukunft von Body Positive. „I don’t call this a movement, I call this evolution“ lautet das Fazit von Gay Dakin, Agent einer Model-Agentur. 

#SaggyBoobsMatter

Bei Body Positivity geht es freilich nicht nur um dick oder dünn, klein oder groß. Es gibt die verschiedenartigsten gesellschaftlichen Körpertabus, die entstehen, wenn Ideale sehr eng gefasst sind. Diese Körpertabus werden vielfach auch ganz gezielt angesprochen: zum Beispiel „hängende“ Brüste. Mit dem Hashtag #SaggyBoobsMatter möchte die Bloggerin Chidera Eggerue auf die fehlende Vielfalt in der Darstellung von Brüsten Aufmerksam machen.

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#zozorevolution

Zozo gehört zum japanischen Unternehmen Start Today, wurde von Yusaku Maezawa 1998 gegründet und hat für Japan eine ähnliche Bedeutung und Reichweite wie Zalando hierzulande. 2018 hat sich weltweit der sogenannte „Zozosuit“ etabliert, ein Messanzug, der maßgeschneiderte Mode für alle Körperformen ermöglichen soll. Unter dem Hashtag #zozorevolution werden Bilder vom Tragen des Suits geteilt, auf denen die Freude über Körpervielfalt, vor allem aber die Ermöglichung von Kleidung für alle Größen ausgedrückt wird. Die Zozorevolution: sie besteht in der Ablösung von Konfektionsgrößen zugunsten individueller Körpermaße.

zozo