Hassbilder
Daniel Hornuff

Hassbilder

Digitale Bildkulturen

Sachbuch. 2020
80 Seiten. Broschiert | Mit vielen Abbildungen
12,– €
ISBN 978-3-8031-3692-3
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Hass-Postings kennt jeder – und viele denken dabei nur an Hasskommentare. Daniel Hornuff aber zeigt: Wer die Bilder übersieht, die zusammen mit den Texten in Umlauf gebracht werden, unterschätzt die Gefahr, die vom Hass in den Sozialen Medien ausgeht.


25.03.2020

Acht Fragen zum neuen Buch von Daniel Hornuff

Warum haben Sie das Buch geschrieben?

Ich habe das Buch geschrieben, weil mir in der Debatte um Hatespeech und Hasskriminalität die Rolle der Bilder zu kurz kommt. Diese Bilder aus dem Blick zu verlieren bedeutet, eine wesentliche Dimension medialer Hassstrategien auszublenden. Daher soll das Buch neben den zahlreichen Analysen, die sich bereits Hasskommentaren widmen, für die Aufgaben, Funktionen und Gefahren der Bilder sensibilisieren – und zu einer intensivierten Debatte über unserem Umgang mit dem Hass im Netz beitragen.     

Hass – was soll das eigentlich sein?

Es ist nicht leicht, zu bestimmen, ab wann ein Kommentar als Hasskommentar zu werten ist. Um dies dennoch zu versuchen, rekonstruiere ich an ausgewählten Postings die jeweiligen kommunikativen Kontexte: Wo, durch wen und wann wurde der Kommentar gesendet? Auf was reagiert er – und was löst er aus? Indem ich die Umfelder der Kommentare beobachte, entwickle ich Kriterien, aus denen sich Hass zusammensetzt: das gezielte Niedermachen, Entwerten, Entehren von Personen und Personengruppen; der Versuch, durch bewusst gestreute Falschmeldungen Menschen zu stigmatisieren und sozial zu ächten; und schließlich das Ziel, physische Gewalthandlungen durch Sprache und Bilder zu initiieren. 

Woran merkt man, dass ein Bild ein Hassbild ist?

Ein Bild besitzt aus sich selbst heraus keine semantische Eigenschaft. Für sich genommen kann es weder für eine Weltsicht noch eine Haltung noch ein Interesse einstehen. Bilder sind in ihrer Bedeutung höchst wandelbar. Denn sie erhalten ihre Funktionen vor allem durch die Art und Weise ihrer Verwendung und Wahrnehmung. Wenn ich also von Hassbildern spreche, dann meine ich Bilder, die im Zusammenhang mit Hasskommentaren in den Sozialen Medien gepostet werden – und deren Aufgabe es unter anderem ist, diesem Hass eine ästhetische Dimension zu verleihen.  

Welche Hassbilder werden untersucht?

Schwerpunkte des Buchs bilden die Themen rechtsextremer Antisemitismus, Jihadismus, linksextreme Gewaltverherrlichung und Lebensschutzpropaganda. Im Zentrum stehen jeweils die Analyse der damit einhergehenden Bilder in ihren Zusammenspiel mit Texten.  

Ist Hass ein Gefühl?

Ich stufe Hass als eine Technik der Kommunikation ein. Ich unterstelle Postings Ziele und Absichten; und ich prüfe, welche kommunikativen Mittel Postings aufbieten, um die Ziele zu erreichen und ihre Absichten zu verwirklichen. So versuche ich, mich der Psychologisierung des Themas zu enthalten, um stattdessen die Strukturen der Hasskommunikation ausleuchten zu können.

Erzeugt ein Hasskommentar Gegenhass?

Ja und nein – in jedem Fall gibt es keinen Automatismus. Während meiner Recherche habe ich unterschiedlichste Formen des Umgangs mit Hasskommentaren und deren Bildern kennengelernt: Entkräften durch Ironisierung; Entwickeln von Konter-Memes; Aufwallen der Stimmung durch bewusst gesetzten Gegenhass; und immer wieder: das extrem komplizierte Ringen besonnener und/oder betroffener Menschen um einen effektiven Umgang, der den Hass schwächt, ohne ihn unfreiwillig zu stärken.

Wie wird das Verhältnis zwischen Hassbildern und strafrechtlicher Verfolgung thematisiert?

Da Hass selbst keine strafrechtlich relevante Kategorie ist – und der Schutzbereich der Meinungsfreiheit viele Hassäußerungen abdeckt –, diskutiere ich indirekte Folgen: Wie werden Bilder in Hasspostings eingesetzt, um Hass zu veruneindeutigen – und ihn damit der Strafverfolgung zu entziehen? Können Bilder eine Art Schutzschirm gegen juristische Zugriffe bilden? Ja können Hassbilder Hass immunisieren?

Gibt es Bezüge in die Geschichte?

Natürlich hat die Kommunikation von Hass eine Geschichte, sie bedient sich zum Teil tief verwurzelter (ästhetischer) Muster. Am Beispiel des rechten Antisemitismus zeichne ich solche Bildtraditionen punktuell nach. Ich möchte zeigen, dass Hass tradiert wird, dass er Konjunkturen unterliegt und trotzdem eine relative Stabilität behält. Insofern erscheint mir die Entgegnung auf entsprechende Hassbilder auch als eine Auseinandersetzung mit Formen von Geschichtsschreibung und deren Kritik.